NEIN—Sagen ohne Skrupel!
Sie haben mit Ihrem Chef vereinbart, dass sie am Freitag dieser Woche früher gehen können, sie wollen endlich mal wieder ein langes Wochenende mit der Familie verbringen. Dann ist es Freitagnachmittag und Sie sind schon dabei, ihren Schreibtisch aufzuräumen. Plötzlich kommt einer ihrer Kollegen aufgeregt zu ihnen ins Büro. Ein früherer Klassenkamerad sei zufällig in der Stadt, und er würde sich so gerne heute Nachmittag mit ihm treffen, weil er ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe. Ob Sie nicht für ihn noch zwei wichtige Briefe schreiben könnten, damit er früher gehen könne. Eigentlich wollten Sie ablehnen, doch wie ferngesteuert hören Sie sich ‚JA‘ sagen. Sie wollten nicht schuld daran sein, dass der Kollege diese einmalige Chance verpasst, den alten Freund nach langer Zeit wieder einmal zu treffen. Der Kollege hat ihr Büro noch gar nicht verlassen, da fangen sie schon an sich zu ärgern. Den freien Freitagnachmittag können sie vergessen, weil sie wieder einmal zu hilfsbereit waren. Zu Hause wird es auch Ärger geben, weil sich Partner und Kinder auf den gemeinsamen Kinoabend gefreut haben.
Es gibt sie immer wieder diese Situationen, in denen wir zu schnell „JA“ sagen, obwohl wir eigentlich mit „NEIN“ hätten antworten sollen. Wir reagieren wie auf Knopfdruck und geben unsere Zustimmung, bevor wir überhaupt richtig nachgedacht haben. Meistens werden wir überrumpelt, indem Anliegen und Bitten mal ganz schnell zwischendurch an uns herangetragen werden und bevor wir uns versehen, haben wir etwas zugesagt, was uns Stunden kostet oder überhaupt keinen Spaß macht.
Wir bringen das eigentlich notwendige „NEIN“ nur schwer über die Lippen, am Arbeitsplatz, im Familien- und Freundeskreis. Aber auch in der Warteschlange vor der Supermarktkasse, wo wir jemanden vorlassen, obwohl wir es selbst eilig haben. Wir vernachlässigen unsere eigenen Bedürfnisse, nur um hilfsbereit zu sein.
Der Preis ist zu hoch!
Für jedes zu schnelle „Ja- Sagen“ zahlen wir einen hohen Preis:
- Wir sind häufig unzufrieden, ärgern uns über uns selbst, werden zornig oder wütend, weil wir doch wieder nachgegeben haben.
- Wir leiden darunter, dass wir vorschnell eine Zusage geben haben. Wir haben das nagende Gefühl, von anderen ausgenutzt zu werden.
- Wir haben weniger Kraft für unsere eigenen Vorhaben oder weniger Zeit für die Menschen, mit denen wir viel lieber zusammen wären.
- Wir haben oft Stress, weil wir schon unsere eigenen Aufgaben kaum schaffen, und jetzt kommen noch weitere dazu.
- Wir brechen irgendwann vor Erschöpfung zusammen, weil wir keine Grenzen gesetzt haben.
Wenn wir diese Gefühle unterdrücken, stauen sich in uns die Aggressionen auf. Dann explodiert die angestaute Wut vielleicht im schlechtesten Moment und einem Menschen gegenüber, der mit unserer Wut gar nichts zu tun hat. Eigentlich wollen wir gelassen mit einem deutlich, aber sachlichen „Nein!“ antworten. Doch wir haben ihm ein übertrieben heftiges „NEIN“ an den Kopf geworfen. Im nächsten Moment tut es uns schon leid, dass der andere unbeabsichtigt zum Blitzableiter geworden ist.
Deshalb müssen Sie das NEIN wiederentdecken, zum Schutz Ihrer eigenen Gesundheit.
Warum sagen wir nicht „NEIN“?
Woher kommt es, dass wir oft ‚Ja‘ sagen, aber ‚Nein‘ meinen? Es gibt viele Gründe, warum es uns schwerfällt „NEIN“ zu sagen. Ich werde im Folgenden einige typische Muster kurz beschreiben:
Wir wollen gebraucht werden! Wir haben eigentlich weder Zeit noch Kraft, um jemanden zu helfen, aber trotzdem sagen wir „JA“, wenn wir gefragt werden. Der Grund dafür liegt möglicherweise tief in uns selbst, denn es fühlt sich gut an, von einem anderen Menschen gebraucht zu werden. Für andere da zu sein, gebraucht zu werden, helfen zu können – all das löst gute Gefühle in uns aus.
Hilfsbereitschaft ist eigentlich eine positive Eigenschaft! Die Welt braucht mehr davon! Einige von uns sind einfach „nette“ Menschen – vielleicht manchmal zu nett und zu hilfsbereit. Diese übertriebene Hilfsbereitschaft wird als ‚Helfersyndrom‘ bezeichnet, und ist mit der Gefahr verbunden, irgendwann selber kraftlos und ausgebrannt zu sein. Wer gesund bleiben will, muss eindeutige Grenzen der Hilfsbereitschaft setzen. Entscheiden Sie sich bewusst, jemandem zu helfen, wenn es wirklich notwendig ist, und lehnen Sie Hilfe ab, wenn sich jemand auf ihre Kosten Freiräume schaffen will. Lassen Sie nicht zu, dass andere Ihre Gutmütigkeit ausnutzen, Hilfsbereitschaft wird leider häufig als selbstverständlich hingenommen. „NEIN“ sagen zu können ist notwendig und gesund.
Ihr Freund erzählt Ihnen davon, dass er am Wochenende seine Wohnung renovieren wolle, und fragt Sie beiläufig, ob Sie ihm nicht helfen könnten, weil er es alleine nicht schaffe. Im Geiste lassen Sie Ihren Plan für das Wochenende vorüberziehen. Es gibt genügend in ihrer eigenen Wohnung zu tun, doch sie schaffen es nicht, Ihren Freund zu enttäuschen, und sagen zu. Vielleicht wird er ihnen ja auch mal helfen, wenn Not am Mann ist.
Wir sind unentbehrlich – nichts läuft ohne uns! Wir sind vielleicht fest überzeugt davon, dass eigentlich nur wir die Dinge richtig gut machen. Gleichgültig, ob beruflich oder privat, im Sportverein, in der Schule unserer Kinder oder wo auch immer – wenn es gilt eine Aufgabe oder ein Amt zu übernehmen, haben wir bereits die Hand gehoben, bevor wir überhaupt darüber nachgedacht haben, ob wir das zeitlich wirklich schaffen können. Unsere inneren Stimmen melden sich zu Wort: „Wenn es niemand anders übernimmt, mache ich das eben!“ oder „Das schaffe ich auch noch!“ oder „Das kann ohnehin niemand so perfekt wie ich!“ Wir halten uns für unentbehrlich, eine Überzeugung, die nur zu einer totalen Überlastung bis hin zum Zusammenbruch führen kann. Es ist dann allerhöchste Zeit endlich „NEIN“ sagen zu lernen.
Wir stecken in der Perfektionismus-Falle! Es gibt Menschen, die von sich behaupten, dass nur sie selbst die Dinge wirklich perfekt erledigen können. Häufig hört man von ihnen den Satz: „Bis ich es jemandem erklärt habe, habe ich es schon selbst gemacht.“ Der Perfektionist kann Aufgaben schlecht abgeben, weil er fest davon überzeugt ist, dass nur er die Arbeit wirklich perfekt erledigen kann. Diese Menschen werden niemals „NEIN“ sagen, sie sitzen fest in der „Perfektionismus-Falle“.
Wir wollen nett sein! Wir mögen nicht „NEIN“ sagen, weil wir einem anderen Menschen einen Gefallen tun möchten. Und Gefälligkeit ist ein hoher Wert, denn Gesellschaften können nur funktionieren, wenn wir uns gegenseitig helfen. Die Sache hat nur einen Haken, wir sind nicht uneigennützig gefällig. Wir tun es – zumindest auch – um dem anderen zu gefallen. Jeder möchte anerkannt werden und fühlt sich geschmeichelt, wenn jemand von ihm sagt: „Das ist ein toller Mensch – wie hilfsbereit er immer ist!“ Wir sitzen fest in der Gefälligkeitsfalle, wenn wir vor allem helfen, weil wir so die Anerkennung der anderen Menschen bekommen. Wer in der Gefälligkeitsfalle sitzt, kommt vor lauter Gefälligkeit nicht mehr dazu, seine eigenen Aufgaben zu erledigen.
Wir haben Angst vor dem „NEIN-Sagen“
Es sind vor allem diverse Ängste, die uns davon abhalten, konsequent ‚NEIN‘ zu sagen:
Angst vor Konflikten: Wir Menschen streben nach harmonischen Beziehungen und scheuen deshalb vor dem Risiko zurück, mit unserem ‚NEIN‘ einen Konflikt hervorzurufen. Niemand will eine unbequeme Konfrontation, vor allem nicht mit Menschen, die uns nahestehen und wichtig sind. Die Angst vor Konflikten macht es uns schwer, klar und deutlich eine eigene Position zu beziehen. Wir gehen dem – möglichen – Konflikt lieber aus dem Weg, um eine – zumindest oberflächliche – harmonische Atmosphäre beizubehalten. Dabei ist diese Angst meistens unbegründet, häufig trägt gerade eine klare Sprache zur Klärung von Beziehungen bei. Ein klares und nachvollziehbares NEIN setzt konstruktive Grenzen, eine wichtige Grundlage für tragfähige Beziehungen.
Im beruflichen Kontext ist die Angst „Es kann ja nur schlecht für mich ausgehen“, in der Regel auch unberechtigt, aber leider nicht immer. Man sollte es sich genau überlegen, wie häufig man bei bestimmten Vorgesetzten die Übernahme einer zusätzlichen Aufgabe ablehnt. Organisationen sind immer durch Hierarchie und Macht geprägt, und manch eine Führungskraft nutzt diese Macht auch unfair aus. Bei der nächsten Beförderung oder Gehaltsverhandlung spürt man dann die Auswirkungen. Um sich die beruflichen Chancen nicht zu verbauen, ist es tatsächlich manchmal besser, „Ja“ zu sagen – aber diese Situationen sind sehr viel seltener, als man zunächst denkt.
Wenn wir immer JA sagen aus Angst vor den Reaktionen anderer, werden wir gnadenlos ausgenutzt werden.
Angst vor Ablehnung – Wenn ich Nein sage, wird der andere mich ablehnen. Diese Angst ist nicht ganz unberechtigt, denn es ist tatsächlich so, dass manche Leute ein „Nein“ schnell als Zeichen der Ablehnung verstehen. Allerdings kommt das nicht so oft, wie manche vielleicht befürchten. Und was ist das für ein Mensch, der Sie nur dann akzeptiert, wenn Sie für ihn Aufgaben übernehmen, wenn Sie also für ihn nützlich sind. Ist Ihnen die Anerkennung dieses Menschen wirklich wichtig? Handelt es sich tatsächlich um einen Freund oder guten Kollegen?
Selbstverständlich ist es ein schönes Gefühl, von allen Menschen gemocht und geliebt zu werden. Aber dies ist in der Realität nicht zu schaffen, auch nicht, wenn man alles gibst. Weder im Privatleben noch im beruflichen Umfeld können wir es allen recht machen.
Jemand ist sehr aufgeregt und möchte über die Gründe sprechen. Eigentlich haben wir keine Zeit ihm jetzt zuzuhören. Aber wir wagen nicht zu sagen: „Es tut mir wirklich leid, aber ich habe momentan keine Zeit dir zuzuhören.“
Angst, egoistisch zu wirken – Wenn man die Übernahme zusätzlicher Aufgaben ablehnt, wird einem schnell vorgeworfen, dass man nur an die eigenen Interessen denkt. Dieser Egoismus-Vorwurf ist sehr wirkungsvoll, weil man moralisch unter Druck gesetzt wird. Lassen Sie sich von diesem Manipulationsversuch nicht einschüchtern. Nur weil Sie jemand als Egoist bezeichnet, sind Sie es noch lange nicht! ‚NEIN‘ sagen bedeutet nur, eine eigene Position zu beziehen, ist aber nicht mit Rücksichtslosigkeit oder Egoismus gleichzusetzen.
Deshalb ist es auch keinesfalls ratsam jetzt in ein anderes Extrem zu verfallen und künftig alle Wünsche von Mitmenschen abzulehnen und immer nur auf die eigenen Vorteile bedacht zu sein. Auch wir sind immer wieder auf die Hilfsbereitschaft anderer angewiesen.
Wir können es nicht allen Menschen recht machen!
Viele Leute leiden darunter, dass sie es jedem recht machen wollen. Sie wollen von allen gemocht werden, obwohl sie selbst genau wissen, dass das völlig unmöglich ist. Wir können uns noch so anstrengen, wir werden es nie allen Menschen recht machen.
Es wurde in diesem Zusammenhang folgende Geschichte von Hodscha Nasreddin überliefert:
Was können wir daraus lernen? Die Geschichte zeigt vor allem, dass andere Menschen kein Maßstab sein können. Wir können es nie allen Menschen recht machen – gleichgültig, wie sehr wir uns auch anstrengen. Wir müssen selbst entscheiden, was für uns richtig und falsch ist. Wer versucht, es vor allem den anderen recht zu machen, wird am Ende nur sich selbst untreu und das kann weder Sinn noch Ziel dieses Lebens sein.
Haben Sie erkannt, aus welcher Motivation heraus Sie immer wieder einmal ‚Ja‘ sagen, obwohl Sie ‚NEIN‘ gemeint haben. Dann haben Sie den ersten wichtigen Schritt schon getan.
Die Ursachen liegen häufig in unserer Kindheit
Die Gründe, warum wir nicht „NEIN“ sagen können, reichen meist bis weit in unsere Kindheit und Erziehung zurück. Wenn wir es wagten, bestimmten Aufforderungen unserer Eltern nicht zu folgen („Nein – Ich räume mein Zimmer nicht auf!“) lernten wir durch Tadel, böse Blicke und vielleicht sogar Strafe, dass wir uns unbeliebt machten. Die Reaktion unserer Eltern auf unser NEIN waren selten positiv. Unsere Eltern reagierten entweder autoritär („Wenn du dein Zimmer nicht aufräumst, darfst du eine Woche nicht mehr am Computer spielen“), oder mit moralischer Erpressung („Wenn du den Müll nicht runterbringst, haben wir dich nicht mehr lieb!“) Was kann schlimmer sein, als die Angst, von den eigenen Eltern abgelehnt und nicht mehr gemocht zu werden. Dann doch lieber tun, was von einem verlangt wird. Wir haben damit schon als Kinder gelernt, dass wir vor allem dann gemocht werden, wenn wir uns angepasst verhalten, und getan haben, was die Erwachsenen von uns erwarteten. Wenn wir ein „braves“ Kind waren, und ohne Widerspruch das getan haben, was unsere Eltern von uns erwarteten, bekamen wir Lob, Anerkennung und Zuneigung. Viele von uns wurden vor allem gemocht, wenn sie sich angepasst verhalten haben.
Das ist eine der Lektionen unserer Kindheit: Du wirst geliebt, wenn du dich angepasst verhältst. Sage lieber „Ja“ statt „Nein“, dann bekommst du die Zuwendung deiner Eltern. Unsere Erziehung hat dann bei uns die Botschaft hinterlassen, „Es ist nicht o.k., nein zu sagen!“
Durch die Reaktionen der Erwachsenen lernten wir als Kinder: Wenn ich Ja sage und gehorche, bekomme ich Lob, Anerkennung und Zuneigung, bin also ein „braves Kind“. Das Verhalten, für das wir gelobt und geliebt wurden, haben wir beibehalten. Sage ich Nein, kommt es zu negativen Reaktionen wie Tadel, Ablehnung oder gar Schlägen. Da wir von unseren Eltern emotional abhängig sind, können wir es uns nicht erlauben, deren Gunst zu verlieren.
So entsteht bei Kindern die Idee: „Es ist nicht o. k. „Nein“ zu sagen“. Selbst in dem bekannten Kinderbuch „Struwwelpeter“ muss der Suppen-Kasper für sein trotziges „Nein, meine Suppe ess’ ich nicht!“ bitter bezahlen: „Und war am fünften Tage tot“. So wird uns schon in der Kindheit gezeigt, dass es nicht wünschenswert ist, Nein zu sagen und die damit verbundenen Konsequenzen zu tragen. Wer vermutet, dass man diese Konditionierung als Erwachsener einfach ablegt, weil sie da ja überflüssig geworden ist, irrt sich leider. Das Verhalten unserer Eltern prägt uns bis ins Erwachsenenalter. Wir halten an diesen Prägungen fest, bis sie sich störend auf unsere Entwicklung auswirken und wir unter ihnen zu leiden beginnen. Unsere Vorstellungen, welche unangenehmen Folgen es haben wird, wenn wir Nein sagen, sind deshalb oft eher die eines Kindes als die eines Erwachsenen, der ganz andere Möglichkeiten hat, seine Rechte zu vertreten. Wir weichen häufig auch als Erwachsene einer Verhaltensänderung aus, bleiben das „brave Kind“ und sagen weiterhin „Ja“
Da sich diese Angst aus der Kindheit tief in unsere Gedanken und Emotionen eingegraben hat, denken wir selbst als Erwachsene noch, das wir nur gemocht werden, wenn wir uns immer angepasst verhalten. Wir haben unbewusst Angst vor unangenehmen Folgen, wenn wir NEIN sagen. Allein die Vorstellung, anderen Personen gegenüber unseren eigenen Interessen, Bedürfnisse und Wünsche anzumelden, löst dann bei uns bereits ein schlechtes Gewissen aus. Wir verhalten uns als Erwachsene immer noch wie Kinder.
Wenn wir realistisch sind, wissen wir doch auch, dass wir es sowieso nicht allen recht machen können, wir werden auch nie von allen gemocht werden – auch dann nicht, wenn wir alles dafür tun. Wer uns nicht mag, nur weil wir nicht alles tun, was er oder sie von uns erwartet, sollte uns vielleicht auch nicht mehr so wichtig sein. Als Erwachsene müssen wir selbstbewusst unsere Interessen vertreten, auch wenn einzelne Menschen damit Probleme haben mögen. Auch wir haben einen berechtigten Anspruch darauf, dass unsere Wünsche und Bedürfnisse von anderen ernst genommen werden.
Wir lernen jedoch nicht nur durch die unmittelbaren Konsequenzen auf unser Verhalten, sondern auch durch Beobachtung. Als Kinder orientieren wir uns immer am Verhalten unserer Eltern, sie sind unsere ersten Vorbilder. Vielleicht sind wir mit einem Elternteil aufgewachsen, dass sich immer gerne „aufgeopfert“ hat, das gerne „JA“ aber selten „NEIN“ gesagt hat. Dann ist die Gefahr groß, dass wir dieses Verhaltensmuster von unserem elterlichen Vorbild übernommen haben. Diese Einstellung haben wir dann möglichweise noch als Erwachsene, ohne diese Einstellung jemals selbst überprüft zu haben.
Viele von uns haben vergessen, dieses Kindheitsverhalten abzulegen. Sie leben immer noch in dieser Kinder-Welt, in der das NEIN-Sagen unangenehme Folgen hatte. Heute als Erwachsene haben wir die Möglichkeit, unsere Einstellung und unser Verhalten zu überprüfen, wir müssen diese Kinder-Spiele nicht länger mitmachen. Als erwachsene Menschen sollten wir auch erwachsen denken, fühlen und handeln. Wir müssen unsere eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Interessen selbstbewusst anmelden, damit wir nicht von einem Teil unserer Mitmenschen gnadenlos ausgenutzt werden. Übrigens meistens von jenen, die anderen stets eine egoistische Haltung vorwerfen.
Ein typisches Frauenthema?
In meinen Seminaren wird mir immer wieder von Frauen erzählt, dass das Thema „NEIN“ sagen vor allem viele Frauen betrifft. In der Erziehung wird einem Mädchen schon frühzeitig beigebracht, dass Anpassungsfähigkeit, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit wichtige (weibliche) Eigenschaften sind. Auf eigene Wünsche und Gefühle wird deutlich weniger Wert gelegt. Wut und Trotz werden bestraft. Denken Sie noch einmal daran, wofür Sie als Mädchen gelobt oder bestraft wurden. Schnell werden Ihnen bestimmte Situationen einfallen, die sich bis heute immer wieder nach einem ähnlichen Muster abspielen. Wenn Sie als junges Mädchen nur für gute Schulnoten Beachtung bekamen, wird Ihr Chef schnell merken, dass Sie zu jeder Extraaufgabe und jeder Überstunde bereit sind, wenn er Ihnen das Gefühl gibt, dass der Betrieb ohne Sie nicht funktionieren würde. Kommt Ihnen das bekannt vor? Das Fatale daran ist nur, dass Sie keinen Dank erwarten können für Ihr Engagement. Sie werden irgendwann feststellen, dass Sie ausgenutzt werden. Ihr Wunsch nach Anerkennung ist so stark, dass Sie beruflich und privat etwas zulassen, dass Sie nicht wollen oder Ihnen nicht guttut.
Außerdem sind oft so erzogen, dass wir anderen zu Diensten sein sollen. Mädchen wurden und werden auch manchmal heute noch dazu erzogen, anderen zu gefallen und liebreizend zu sein. Bei einem Jungen sehen es die Eltern oft nicht so genau. Meist wird geduldet, dass Jungs sich eben schmutzig machen. Auch werden ihnen nicht so viele Pflichten im Haushalt übertragen wie den Mädchen. Viele haben zudem in ihrem Elternhaus Glaubenssätze gehört wie: „Was sollen denn die anderen denken?“, „Falle nicht auf und passe dich an“, oder „Erst die Arbeit, dann das Spiel“. Wir sind es von klein auf gewohnt, bestimmte Erwartungen zu erfüllen.
NEIN sagen – ohne Angst
Ein klares „Nein“, muss nicht verletzend sein
Die Sprache muss klar und eindeutig sein, damit unser Gegenüber uns versteht und ernst nimmt. Sagen Sie also klar ‚NEIN‘ damit Ihr Gesprächspartner weiß, woran er ist. Begründen Sie Ihre Entscheidung, teilen Sie ihm den Grund mit, der Sie daran hindert, ihm jetzt zu helfen. Mit einer nachvollziehbaren gewinnen Sie beim Gegenüber Verständnis. Lassen Sie sich jedoch nicht auf eine Diskussion ein und halten Sie Ihre Begründung knapp. Sie müssen sich nicht rechtfertigen! Bleiben Sie aber auf jeden Fall freundlich und zugewandt.
Prinzipielles Nein: Bestimmte Bitten möchte man prinzipiell nicht erfüllen. Ich kenne Menschen, die prinzipiell kein Geld verleihen. Das ist ihr gutes Recht. Es gibt andere, die wollen prinzipiell ihre Verabredungen einhalten, und übernehmen deshalb keine zusätzlichen Aufgaben. Diese Menschen haben eine klare Linie, ihre Ablehnung kann man nicht auf sich persönlich beziehen. Deshalb wird ihr ‚Nein‘ auch selten in Frage gestellt.
Verständnis zeigen: Achten Sie darauf, beim Gegenüber den Eindruck zu vermeiden, durch Ihr „Nein“ werde sein Anliegen nicht ernst genommen oder Sie würden ihn nicht ausreichend schätzen bzw. respektieren. Zeigen Sie Interesse für das Anliegen des anderen. Indem Sie Verständnis für die Bitte des anderen zeigen, wirkt jedes Nein schon viel weicher. Sagen Sie so etwas wie „Dass du so im Stress bist, tut mir wirklich leid – aber ich kann dich heute leider trotzdem nicht unterstützen.“ So wirken Sie sehr verständig und die Absage klingt nicht so hart.
Nehmen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse wichtig!
Beim ‚NEIN‘ sagen geht es darum, dass Sie sich und Ihre Bedürfnisse genauso wichtig nehmen wie die Ansprüche anderer. Ihre Zeit ist genauso wichtig, wie die der anderen Personen, Ihre Kraft ist auch nicht endlos und es steht Ihnen, – genau wie jedem anderen zu – gut für sich zu sorgen.
Es ist Ihr gutes Recht, dass Ihre Wünsche und Bedürfnisse von anderen ernst genommen werden. Das bedeutet, dass Sie Grenzen setzen müssen. Wo keine klaren Grenzen gezogen sind, wird es immer Menschen geben, die das spüren und ausnutzen: der Chef oder die Frau hinter Ihnen an der Supermarktkasse. Es ist völlig in Ordnung, dem Chef mitzuteilen, dass Überstunden heute leider nicht möglich sind, weil Sie in einer Stunde eine Verabredung haben. Ihr privates Leben und Verabredungen mit Freunden sind ebenso wichtig wie Arbeit und Meetings! Das Treffen mit der besten Freundin gehört auch zu dem, was Sie brauchen, genau wie die Zeit mit der Familie.
Wenn Sie immer aus dem Wunsch nach Harmonie und Frieden nachgeben, werden Sie irgendwann nicht mehr wissen, was Sie eigentlich wollen. Andere werden über Sie entscheiden und Sie werden sich dabei unwohl fühlen. Nehmen Sie sich also wichtig und sagen Sie bewusst „Nein“, wenn Sie es für richtig halten. Wir müssen nicht mehr mit Bestrafung rechnen wie als Kind, wenn wir ungehorsam waren. Wenn Sie es schaffen, Nein zu sagen, werden Sie bald die Vorteile kennen und schätzen lernen. Es entfallen der Ärger über das wiederholte Nachgeben und das unangenehme Gefühl, ausgenutzt zu werden. Kein Stress mehr wegen zu vieler angenommener Aufgaben. So bleiben automatisch mehr Zeit und Energie für eigene Vorhaben, und es stellt sich das erfreuliche Gefühl ein, über Durchsetzungsvermögen zu verfügen. Und wenn man es geschafft hat, freundlich, aber dennoch bestimmt „Nein“ zu sagen, werden die anfangs befürchteten Konsequenzen wie Ablehnung oder Zurückweisung sicherlich ausbleiben und in Verständnis umschlagen. Sie werden noch besser mit anderen Menschen zurechtkommen, weil Sie klare Zeichen setzen.
Nehmen Sie sich Bedenkzeit!
Wenn in den nächsten Tagen jemand mit einer Bitte an Sie herantritt, sollten Sie sich nicht „überrumpeln“ lassen und auf keinen Fall sofort mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ antworten. Wir können nur überrumpelt werden, wenn wir uns überrumpeln lassen.
Nehmen Sie sich die notwendige Zeit für Ihre Antwort: „Unter Zeitdruck kann ich diese Entscheidung nicht treffen, ich muss darüber zunächst nachdenken und sage dir später Bescheid.“ Vielleicht brauchen Sie auch eine längere Bedenkzeit, auch das ist völlig in Ordnung: „Ich möchte jetzt nicht sofort eine Entscheidung treffen, aber ich werde eine Nacht darüber schlafen und es dich dann morgen wissen lassen.“
Nun haben Sie genügend Zeit, darüber nachzudenken, ob Sie diese Aufgabe übernehmen möchten oder nicht. Atmen sie tief durch, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Gefühle wie Wut, Hilflosigkeit und Angst nehmen ab und Sie beruhigen sich. Die Situation entspannt sich, und Sie haben mehr Zeit, die richtige Antwort zu finden. Analysieren Sie kurz die Situation und stellen Sie sich im Geiste folgende Fragen: Will ich dieser Bitte nachkommen, oder habe ich gerade selber keine Lust, keine Zeit, keine Kraft, um diese Aufgabe zu übernehmen? Wer ist es, der mich da um einen Gefallen bittet? Welche Bedeutung hat dieser Mensch für mich? In welchem Verhältnis stehen wir zueinander? Ist diese Person mir gegenüber auch hilfsbereit?
Nach sorgfältiger Überlegung können Sie dann die Entscheidung treffen, ob Sie „JA“ oder „NEIN“ sagen wollen. Egal, wie Sie sich entscheiden, durch die Äußerung des Wunsches nach etwas Bedenkzeit ist nichts verloren!
Klar und eindeutig „Nein!“ sagen
Sagen sie unbedingt selbstbewusst „NEIN“, sonst wird ihre Reaktion nicht akzeptiert werden. Häufig wird ein „NEIN“ so zögernd und vorsichtig ausgesprochen, dass es den ‚Bittsteller‘ geradezu zum Nachsetzen einlädt. Er wird dann mit verschiedenen Strategien versuchen, Sie doch noch „rumzukriegen“, Ihnen ein „JA“ zu entlocken. Gängige Strategien sind, Schuldgefühle auszulösen, Mitleid zu erzeugen, Druck zu machen oder mit Schmeicheleien zu locken. Am Ende übernehmen wir dann oft mit einem gequälten, höchst widerwilligem „Na gut, dann mache ich das eben auch noch“ die Aufgabe.
Bitten, die wir nicht erfüllen wollen, müssen höflich, aber bestimmt zurückgewiesen werden. Wenn Sie etwas nicht übernehmen wollen, dann müssen Sie das so deutlich sagen, dass es nicht falsch interpretiert werden kann. Sie müssen dann unbedingt konsequent bei Ihrem Nein bleiben!
Sie sollten eine persönliche „Nein- Sagen- Strategie“ entwickeln, die zu Ihnen passt. Im Folgenden einige mögliche Formulierungen, wie Sie respektvoll „NEIN“ sagen können:
„Ich kann verstehen, dass ich mich jetzt bei Ihnen unbeliebt mache, wenn ich Nein sage. Aber ich möchte mir deswegen keine Schuldgefühle machen lassen.“
„Es freut mich natürlich, dass Sie mich für besonders geeignet halten, diese Aufgabe zu erledigen. Dennoch kann ich diesen Auftrag heute nicht mehr für Sie erledigen.“
„Sie scheinen mich jetzt offenbar mit allen Mitteln umstimmen zu wollen, aber ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich Ihre Bitte nicht erfüllen kann!“
Achten Sie auf einen angemessenen Ton – Wenn wir eine Bitte unmissverständlich ablehnen, sollten wir darauf achten, dass unser Ton nicht unhöflich wird. Man tendiert nämlich beim „Nein“ dazu, aus einer gewissen, eigenen Unsicherheit heraus, die Antwort im Ton etwas härter und bestimmter ausfallen zu lassen. Sagen Sie gelassen aber bestimmt im Ton „Nein!“ Wenn Sie das „NEIN“ schroff und unfreundlich aussprechen, so kann es leicht ablehnend oder gar verletzend empfunden werden. Bleiben Sie selbst dann freundlich und höflich, selbst wenn Sie eine Forderung als frech empfinden.
Das Nein begründen – Sie brauchen sich zwar nicht zu rechtfertigen, aber Sie können Ihr Nein begründen. Das macht es dem anderen leichter, es anzunehmen. Wenn sich z.B. ein Kollege zu Ihnen setzen will, Sie aber gerade in einem wichtigen Gespräch vertieft sind, bei dem Sie keinen anderen dabeihaben möchten, dann können Sie genau das sagen: „Oh, ansonsten jederzeit gerne – nur jetzt besprechen wir gerade etwas Persönliches.“ Hier bitten Sie selbst um Rücksichtnahme und motivieren so Ihr Nein. Auf diese Weise wird deutlich, dass sich das Nein nicht gegen die Person richtet.
Manchmal reicht auch ein Teil-Nein – Häufig muss man gar kein striktes Nein sagen. Wenn Sie z.B. nur heute keine Zeit haben, es Ihnen aber nichts ausmachen würde, die Aufgabe morgen zu übernehmen, dann können Sie das genauso sagen. Oder vielleicht sind Sie bereit, einen Teil der Bitte zu erfüllen, dann bieten Sie das an.
Alternative vorschlagen – Es ist auch möglich, einen Gegenvorschlag zu machen – also vielleicht eine andere Idee anzuregen, wie derjenige sein Anliegen lösen kann. Sie zeigen damit, dass Ihnen der andere nicht egal ist, machen aber auch klar, dass Sie für seine konkrete Bitte nicht zur Verfügung stehen. Ein Beispiel: Ihre Schwester hat sie gebeten, zu ihrem Geburtstag einen Kuchen zu backen, Sie haben dafür aber momentan überhaupt keine Zeit. Sagen nicht einfach „NEIN“, sondern machen Sie einen alternativen Vorschlag: „Einen Kuchen kann ich dir diesmal nicht backen, aber gerne besorge ich etwas vom Bäcker.“ Mit dieser Idee zeigen Sie, dass Ihre Schwester Ihnen nicht gleichgültig ist, Sie aber trotzdem ihrem Wunsch nicht entsprechen können.
Ein heutiges „Nein“ gilt nicht für alle Ewigkeit. Machen Sie deutlich, dass dieses „Nein“ sich nur auf heute bezieht und möglicherweise auch nur auf einen ganz bestimmten Bereich bzw. auf ein bestimmtes Projekt.
Lernen Sie, selbstbewusst NEIN zu sagen! Löst die Vorstellung, anderen zu widersprechen, oder die eigenen Interessen durchzusetzen, bei Ihnen Angst oder ein schlechtes Gewissen aus? Dann machen Sie sich klar: Es ist Ihr gutes Recht, auf dem Sie bestehen dürfen, dass Ihre Wünsche und Bedürfnisse von anderen ernst genommen werden. Sagen Sie „Nein“ ohne Skrupel!
Erlauben Sie sich also, auch mal „Nein“ zu sagen – es ist Ihr gutes Recht! Sie sind kein schlechter Mensch, wenn Sie eine Bitte ablehnen. Niemand kann ständig für alle bereitstehen. Der Vorwurf, egoistisch zu sein, kommt schnell – aber gut für sich zu sorgen, ist kein Egoismus, das ist notwendige Selbsterhaltung. Sie können anderen nur dann wirklich etwas geben, wenn Sie selbst genug Kraft und Energie haben – und vor allem dann, wenn Sie gerne tun, worum man Sie bittet. Warten Sie nicht darauf, dass andere Menschen Ihnen dazu die Absolution erteilen, denn gerade diejenigen, die etwas von Ihnen wollen, haben häufig nur wenig Interesse daran, dass Sie für sich sorgen.
Werden Sie eigenwilliger!
„Eine Tugend gibt es, die liebe ich sehr, eine einzige. Sie heißt Eigensinn”, schreibt Hermann Hesse, und er fährt fort, „Von all den vielen Tugenden, von denen wir in Büchern lesen und von Lehrern reden hören, kann ich nicht so viel halten. Und doch könnte man alle die vielen Tugenden, die der Mensch so erfunden hat, mit einem einzigen Namen umfassen. Tugend ist: Gehorsam. Die Frage ist nur, wem ich gehorche. Nämlich auch der Eigensinn ist Gehorsam. Aber alle anderen, so sehr beliebten und belobten Tugenden sind Gehorsam gegen Gesetze, welche von Menschen gegeben sind. Einzig der Eigensinn ist es, der nach diesen Gesetzen nicht fragt. Wer eigensinnig ist, gehorcht einem anderen Gesetz, einem einzigen, unbedingt heiligen, dem Gesetz in sich selbst, dem „Sinn“ des „Eigenen“.
„Seelenstärke ist die Fähigkeit, nein zu sagen, wenn die Welt ja hören will.“
Erich Fromm
Üben Sie das NEIN sagen!
Wie wird man vom notorischen Ja-Sager, zum selbstbewussten Nein-Sager? Allein durch Übung! Sie kennen das Sprichwort „Übung macht den Meister“, dieser Satz bewahrheitet sich auch in diesem Zusammenhang wieder.
Visualisieren Sie die Situation und sagen darin „NEIN“
Lassen Sie die letzten Tage in Ihrem Kopf Revue passieren. Finden Sie eine Situation, in der Sie NEIN sagen wollten, dann aber trotzdem JA gesagt haben.
Überlegen Sie sich nun warum Sie JA gesagt haben. Vielleicht aus Freundlichkeit? Aus Rücksicht auf eine andere Person? Oder fühlen Sie sich gezwungen „Ja“ zu sagen, aus Sorge um Ihren Job?
Stellen Sie sich diese Situation so genau wie möglich vor. Wie erleben Sie diese Situation? Was hören Sie? Welches Gefühl löst es in Ihnen aus? Welche Gedanken kommen Ihnen in dieser Situation?
Nachdem Sie sich möglichst genau vorgestellt haben, wie diese Situation abgelaufen ist, verändern Sie jetzt in Ihrer Vorstellung diese Situation.
Gehen Sie dazu wieder in diese Situation – aber sagen Sie diesmal selbstbewusst und selbstsicher NEIN. Spüren Sie welche Gedanken und Gefühle das in Ihnen auslöst. Akzeptieren Sie diese Gedanken und Gefühle bedingungslos.
Malen Sie sich auch ruhig aus, wie die andere Person darauf reagieren könnte.
Lassen Sie sich in Ihrem inneren Film nicht dazu drängen, sich zu rechtfertigen. Legen Sie sich stattdessen kurze und prägnante Sätze zurecht, um Ihr NEIN zu bestätigen.
Das nächste Mal, wenn eine ähnliche Situation tatsächlich wieder eintrifft, werden sie viel besser vorbereitet sein. Wenn Sie in Ihrer „inneren Welt“ gelernt haben, in bestimmten Situationen erfolgreich NEIN zu sagen, wird Ihnen auch das Nein-Sagen in der realen Situation viel leichter fallen. Das Nein-Sagen im Selbstgespräch zu üben, wird Ihnen auf jeden Fall mehr Sicherheit im Ernstfall geben.
So wie Profisportler oder Rennfahrer die Visualisierung dazu einsetzen, um beim Wettkampf oder auf der Rennstrecke bessere Ergebnisse zu erzielen, können auch Sie dieses mentale Werkzeug nutzen, um das nächste Mal selbstsicher NEIN zu sagen.
Üben Sie mit einer anderen Person oder vor einem Spiegel
Eine weitere Möglichkeit das Nein-Sagen zu üben, besteht darin, mit Partnern die Situation nachzuspielen. Noch besser als bei der Visualisierung, können Sie dabei nämlich die Situation sehr detailgetreu rekonstruieren und sich gedanklich und insbesondere auch emotional hineinversetzen. Sollten Sie keine Partner finden, die mit Ihnen eine solche Situation nachspielen möchten, können Sie natürlich auch alleine vor einem Spiegel üben.
Körper und Sprache müssen kongruent sein
Nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch die Körpersprache muss eindeutig sein, und beide müssen übereinstimmen: Manche Menschen relativieren ihre Aussagen durch eine „demütige“ Körperhaltung. Sie werden dann nicht ernst genommen. Deshalb gilt, wenn Sie NEIN sagen: Setzen Sie sich aufrecht hin, bzw. stellen Sie sich hin. Suchen Sie den direkten Augenkontakt. Auf keinen Fall „Kichern“ oder ähnliches! Das würde die Glaubhaftigkeit Ihrer Aussage sofort zerstören. Machen Sie auch körpersprachlich deutlich, dass Sie es mit Ihrem NEIN ernst meinen.
Beginnen Sie jetzt!
Wenn sie ihr Verhalten ändern wollen, sollten sie jetzt sofort beginnen. Nehmen Sie einen Notizzettel und einen Stift zur Hand und schreiben sie zunächst völlig ungeordnet auf, bei welchen Menschen und in welchen Situationen es Ihnen schwerfällt, „Nein“ zu sagen?
Prioritäten setzen!
Ordnen Sie auf einem zweiten Zettel, diese Vorhaben nach Prioritäten. In welcher Situation, bei welchen Personen ist es ihnen besonders wichtig, künftig NEIN zu sagen?
Versuchen sie jetzt auf keinen Fall, sofort alle diese Situationen anzugehen, damit würden sie auf jeden Fall scheitern und sich selbst frustrieren. Nehmen Sie sich zunächst nur vor, das erste Thema auf ihrer Prioritäten-Liste anzugehen. Sagen sie in den nächsten 72 Stunden in einer entsprechenden Situation zwar angemessen, aber selbstbewusst und deutlich „NEIN“! Wahrscheinlich wird es beim ersten Mal nicht hundertprozentig klappen. Auf keinen Fall dürfen Sie aufgeben, wenn es mit dem NEIN-Sagen nicht gleich klappt. Rückschläge sind bei jeder persönlichen Entwicklung völlig normal.
Loben Sie sich für jedes erfolgreich gesagte „NEIN“, auch wenn sie sich nicht sofort durchgesetzt haben. „Na also, ich kann es doch!“ – „Super, es funktioniert.“ Kein anderer Mensch wird Sie bestärken und motivieren, das müssen Sie schon selber tun!
Jede neue Verhaltensweise muss eine gewisse Zeit geübt werden. Üben sie 6 Wochen lang konsequent NEIN zu sagen. Wenn es dann noch nicht funktioniert, verlängern sie den Zeitraum, bis sie das neue Verhalten verinnerlicht haben.
Das Erlernen der Fähigkeit NEIN zu sagen ein Prozess und kein Schalter. Es gibt leider keinen Schalter in unserem Gehirn, den wir einfach umlegen können, um dann konsequent und selbstbewusst NEIN zu sagen. NEIN-Sager wird man nicht über Nacht, es ist wie immer ein Entwicklungsprozess, der Zeit und Übung in Anspruch nimmt. Es wird notwendig sein, sich immer wieder solchen Situationen zu stellen und zu versuchen, das was Sie gelernt und geübt haben, auch in die Tat umzusetzen, wenn es drauf ankommt. An den Situationen werden Sie nach und nach wachsen!
Und sprechen sie sich selbst immer wieder Mut zu:
- Ich habe wie allen anderen auch ein Recht darauf, meine Ziele zu verfolgen und meine Zeitpläne einzuhalten.
- Er/sie wird mein NEIN verstehen, wenn ich es kurz erkläre.
- Auch bei einem NEIN bin ich ein freundlicher und netter Mensch.